November 21, 2024

Internationale Solidarität in Zeiten der Corona-Krise

von Heinrich Bücker

Weltweit werden seit Beginn des Jahres die allergrößten Anstrengungen unternommen, um eine Krise zu bewältigen, die massivste gesundheitliche und wirtschaftliche Probleme bisher ungeahnten Ausmaßes bedeutet.

Die Corona-Krise begann zuerst um den Jahreswechsel in China und dann in Folge allmählich auch in anderen Regionen evident zu werden. China ging mit rigorosen Maßnahmen, mit verordneter Quarantäne und umfassender digitaler Überwachung gegen die Ausbreitung vor. Der Iran ist ebenfalls extrem stark betroffen, mehrere hochrangige Regierungsmitglieder erkrankten, einige starben. Zig-tausende Gefängnisinsassen wurden freigelassen. Auch Südkorea und Japan waren jetzt betroffen und die Krise begann auch in Europa deutlicher zu werden. Hier war zunächst Italien am stärksten betroffen. Inzwischen hat die Ausbreitung der Viruserkrankung fast ganz Europa erfasst, neben Italien vorab Spanien und Frankreich, in Deutschland ist die Lage bislang noch überschaubar. In den USA spitzt sich die Lage ebenfalls zu. Weiterhin wird die Ausbreitung in Lateinamerika und Afrika wegen zumeist schwieriger und prekärer Lebensverhältnisse und unzureichender Hygiene mit großer Sorge beobachtet.

Sehr viele Ärzte, Experten, Behörden und Politikern aus vielen Ländern warnen eindringlich vor der sich ständig zuspitzenden Krise. Außerdem werden Quarantänevorschriften inzwischen in sehr vielen Ländern mehr oder weniger rigoros angewendet. Es wird befürchtet, dass die Virus-Krankheit auch für Altenheime, Gefängnisse, Geflüchtete und Obdachlose eine große Gefahr darstellen wird.

Verharmlosung millionenfach

Zahllose Autoren, Medien- und Videoportale, Blogs und Webseiten verbreiten ihre Ansichten, ihre Interpretationen dieser Krise, was in einer global vernetzten Welt im Zeitalter des Internets auch nicht anders zu erwarten wäre. In diesem Zusammenhang fallen zurzeit leider eine ganze Reihe sogenannter „alternativer“ Medienportale auf, die Thesen der Verharmlosung millionenfach verbreiten.

Die Bedrohung durch die Corona-Erkrankungen zu verharmlosen oder sie vor dem Hintergrund weltweiter und sehr weitreichender Maßnahmen gar als eine übliche saisonale Grippewelle darzustellen, ist meiner Überzeugung nach abzulehnen. Es gilt jetzt vielmehr, den Verstorbenen, den Erkrankten, ihren Familien und dem medizinischen Personal Respekt zu zollen und Empathie zu zeigen. Und all denjenigen, die sich dafür einsetzen, diese Krise zu bewältigen.

Sicherlich kann und muss man diskutieren, welche Maßnahmen gegen die Corona-Krise die sinnvollsten sind, nur sollte dies mit Augenmaß und mit Respekt geschehen. Angesichts der vielen Tausenden von Toten in China, Italien, im Iran und in zahlreichen anderen Ländern ist Verharmlosung oder gar die generelle Ablehnung von Gegenmaßnahmen zurückzuweisen.

Gefahren in der Einschränkung von Bürgerrechten

Selbstverständlich darf die Gefahr polizeistaatlicher Tendenzen in Europa keinesfalls unterschätzt werden. Unter dem Deckmantel des medizinischen Notstands wird jetzt möglicherweise auch ein gigantisches Demokratie- und Überwachungsmanöver abgehalten. Vor allem die Entwicklungen in den USA sind in dieser Beziehung äußert besorgniserregend. Nach einem 2019 simulierten Planspiel über den Ausbruch einer Seuche in den USA steht als Ergebnis fest: Konfusion über Zuständigkeiten, unterschiedliche Vorschriften, nicht miteinander abgleichbare Daten, zu wenig Krankenhausbetten, zu viele Menschen ohne Krankenversicherung – das Land ist nicht gerüstet für eine Pandemie, wie sie jetzt in der Realität stattfindet. /1/

Auch müssen wir uns der Möglichkeit bewusst sein, dass die mit Sicherheit bevorstehende immense „Wirtschaftskrise“ tatsächlich sehr wahrscheinlich zu einem Eldorado der Superreichen werden könnte. Bereits jetzt werden dem Großkapital schier unbegrenzte Milliardenbeträge zur Verfügung gestellt. Sie hätten leichtes Spiel, die insolventen mittelständischen Betriebe nach der Corona-Krise für kleines Geld aufzukaufen.

Die Hauptfrage, die sich stellt ist, was geschieht, wenn es zu sozialen Unruhen, Aufständen in EU-Ländern kommen sollte, geht es dann möglicherweise in Richtung Polizeistaat und Militärdiktatur?

Abbruch oder Aussetzung von Defender 2020?

Nicht beruhigend ist zudem, dass gerade jetzt das US/NATO Großmanöver Defender 2020, die größte Militärübung seit über 30 Jahren mit insgesamt 37.000 NATO-Soldaten inklusive 20 000 US- GIs und 35.000 Militärfahrzeugen stattfinden sollte. Ein großer Teil des Militärkontingents war bereits ab 22.2. unterwegs in Richtung Polen, Baltikum und russische Grenze.  Jetzt gibt es widersprüchliche Aussagen, ob das Manöver tatsächlich beendet wurde, bzw. wo sich die US-Truppen aufhalten./2/

Zugleich sind die weltweit von zahlreichen Staaten eingeführten Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, hierzulande Kontaktsperre genannt, umstritten. Manche Einschätzungen stehen dem Konzept der generellen Quarantäne sehr kritisch gegenüber. Allerdings scheint das Vorgehen Chinas bislang noch die beste Wirkung bei der Neutralisierung des Virus gezeigt zu haben.

Im Ballungsgebiet der chinesischen Stadt Wuhan leben fast 60 Millionen Menschen, fast so viele wie in Deutschland. Alle wurden bis vor einigen Tagen unter rigorose Quarantäne gestellt, ein riesiges Krankenhaus wurde in Rekordzeit aus dem Boden gestampft, tausende Krankenschwestern und Ärzte aus dem ganzen Land zur Hilfe geholt. Große Teile der Industrieproduktion wurden eingestellt und gigantische gesamtwirtschaftliche Schäden wurden in Kauf genommen. Jetzt werden die Quarantäne-Maßnahmen bereits allmählich wieder zurückgefahren.

Vor dem Hintergrund einer möglichen massenhaften Ausbreitung dieser Viruserkrankung ist es verständlich, dass vorübergehend massive Maßnahmen ergriffen wurden. Wenn die Krise vorbei ist, muss man Bilanz ziehen. Dann müssen etwaig begangene Fehler analysiert werden und auch entsprechende ordnungspolitische Maßnahmen nachweislich zurückgenommen werden.

Vor allem müssen neu entwickelte Impfstoffe und Arzneimittel möglichst mit staatlicher Förderung hergestellt und kostengünstig zur Verfügung gestellt werden. Die illegitime Sanktionspolitik des Westens verhindert bereits jetzt, dass Patienten mit vorhandenen Medikamenten, z.B. aus Kuba behandelt werden können. Das gilt für Europa ebenso wie für den Iran, für Syrien, für Venezuela und alle anderen sanktionierten Staaten

Weltweite Hilfsaktionen und zahllose Beispiele der Solidarisierung und Empathie.

China, Russland und Kuba leisten zurzeit herausragende internationale Hilfe. Mit einer großen Anzahl von russischen und chinesischen Hilfsflügen werden riesige Mengen an Gesichtsschutzmasken, Schutzkleidung, Beatmungsgeräten, mobile Kliniken, Ärzteteams und medizinisches Personal in die Krisengebiete der verschiedenen Länder eingeflogen.

In China läuft die Produktion von Beatmungsgeräten auf Hochtouren. Es liegen viele Aufträge vor. Fabriken haben ihre Fließbänder auf die Produktion von Gesichtsschutzmasken und Schutzkleidung umgestellt. Dies geschieht inzwischen auch in anderen Ländern, wie auch in Deutschland.

Es ist zu wünschen, dass die immensen Hilfeleistungen aus China, Russland und Kuba jetzt die einmalige Chance eröffnen, langfristig engere Beziehungen Europas zu diesen Ländern auszubauen, über die bereits mit China bestehenden guten Handelsbeziehungen hinaus.

Viele Länder, darunter die 120 Länder der Blockfreien Bewegung, setzen große Hoffnung in Chinas Konzept der Neuen Seidenstraße, die eine Brücke bilden soll zwischen den Kulturen und Nationen sowie den Handel belebt. Chinas Staatschef Xi Jinping hat vor einigen Tagen Pekings Bereitschaft erklärt, zusammen mit Italien einen Beitrag zur Entwicklung der „Seidenstraße der Gesundheit“ zu leisten.

Trotz aller schlimmen Auswirkungen dieser globalen Krise, könnte sie vielleicht auch Katalysator sein, hin zu einer sozialeren und gerechteren Gesellschaft und hin zu einer multipolaren Welt ohne Kriege.