Oktober 4, 2024

Geräumt wird später

Maßnahmen zur Verbesserung des Mieterschutzes in Berlin für die Dauer der Corona-Krise

von Sabine Scheffer

Die landeseigenen Wohnungsunternehmen (und nur die) werden in den nächsten sechs Monaten keine Zwangsräumungen durchführen. Auch Strom- oder Gassperren sollen ausgesetzt werden. Diese werden für alle Einwohner während der Corona-Krise vertagt.

Mietschulden verfallen jedoch nicht, sondern müssen innerhalb von zwei Jahren nachgezahlt werden – ungeachtet der Tatsache, dass viele Menschen schon heute kaum ihre Miete finanzieren können und durch den Verlust von Einkommen während der Corona Krise unverschuldet in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Mietschulden zu begleichen, dürfte für viele Betroffene deshalb nahezu unmöglich sein.

Im Gesetzestext, Regelung § 2 zu Art. 240, Corona Gesetz, Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) steht überdies, Betroffene müssen glaubhaft machen, dass sie wegen Corona Verdienstausfälle erleiden und die der Grund sind, dass die Miete nicht mehr gezahlt werden kann.

“Der Vermieter kann ein Miet- oder Pachtverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30.06.2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist (vom Mieter) glaubhaft zu machen.”

KÜNDIGUNG BEI ZAHLUNGSUNWILLIGKEIT

In der Begründung des Gesetzestextes steht:  “Beruht die Nichtleistung des Mieters auf anderen Gründen, zum Beispiel, weil er zahlungsunwillig ist oder seine Zahlungsunfähigkeit andere Ursachen als die Covid-19-Pandemie hat, ist die Kündigung hingegen nicht ausgeschlossen.“

Die Glaubhaftmachung ist mit hohen Hürden verbunden und gelingt nur bei großen Einkommensausfällen. https://www.anwalt.de/rechtstipps/mietschulden-zahlungsverzug-des-mieters-in-der-corona-krise-kuendigung-des-vermieters_164822.html

Durch Hilfspakete des Berliner Senates, etwa an Solo-Selbstständige, können und sollen auch Mieten finanziert werden. Für weitere Berliner Einwohner, wurde ein erleichterter Zugang zu Sozialleistungen ermöglicht. Diese Maßnahmen sollen Einkommensausfälle kompensieren und Mietzahlungen möglich machen.

Dass dadurch Vermieter indirekt subventioniert wer1den, ist ärgerlich, da ein Teil der vom Senat ausgezahlten Hilfen und Sozialleistungen auf diesem Weg direkt in die Taschen der Vermieter fließt. 

Nach wie vor können Eigenbedarfskündigungen ausgesprochen werden, und zahllose weitere Gründe machen Kündigungen jederzeit möglich.

Der Senat der Stadt Berlin lässt verlautbaren: “Der Senat wird bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften und bei der berlinovo dafür Sorge tragen, dass diese bis auf Weiteres bei Mietrückständen individuelle und kulante Lösungen vereinbaren, keine Kündigungen wegen Zahlungsrückständen aussprechen und auch keine Räumungen bewohnter Wohnungen durchführen. Gleiches gilt für Gewerberäume. Der Senat appelliert an die privaten Berliner Vermieterinnen und Vermieter, in gleicher Weise zu verfahren.”https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.911191.php, Pressemitteilung 24.03.2020)

An dieser Stelle kann bereits festgehalten werden, dass der Senat lediglich einen APPELL an private Vermieter richtet und Mieter auf das Wohlwollen der Immobilien Unternehmen angewiesen sind! Der Senat der Stadt Berlin wird Zwangsräumungen, wenn möglich, für die Dauer der Corona Krise aussetzen.

Geräumt wird später.

Hier müssten Forderungen zur Solidarität an große Wohnungsunternehmen ansetzen. In einer Art Kompromiss könnten Mieten für die Zeit von Corona für alle Mieter auf 30% des verfügbaren Haushaltseinkommens beschränkt werden.

Denn 30% von Nichts sind dann eben 30% von Nichts.

Die Dividendenausschüttung der großen Wohnungskonzerne lag in 2019 bei 30-40 % der Mieteinnahmen. Bei der aktuellen Miethöhe könnten die Immobilien Konzerne also locker auf einen Teil der Mieteinnahmen verzichten ohne in wirtschaftliche Schieflage zu geraten.

ZWANGSRÄUMUNGEN BEI DEN STÄDTISCHEN WOHNUNGSUNTERNEHMEN ABSCHAFFEN

Interessant ist auch die Forderung des Berliner Mietervereins, der vom Senat verlangt, dass für die sechs städtischen Wohnungsunternehmen grundsätzlich keine Zwangsräumungen mehr zulässig sein sollen, das würde über die Corona Zeit hinausweisen.

„Vom Berliner Senat erwartet der Berliner Mieterverein, dass er umgehend für die sechs städtischen Wohnungsunternehmen und die berlinovo einen Kündigungsausschluss für sechs Monate „ohne Wenn und Aber“ beschließt und auch Räumungen grundsätzlich bei diesen Unternehmen untersagt.“(1)