März 28, 2024

Staatshilfe im Corona-Fieber

von Dieter Küchler

Der Corona-Virus hat unseren Planeten ergriffen und die in der nunmehr grassierenden Pandemie notwendigen Begrenzungen zwingen weltweit die Nationalökonomien zu drastischen Maßnahmen.

Dabei ist jetzt schon klar, dass unsere Welt nach der Corona-Pandemie in ein bis zwei Jahren eine andere Welt sein wird.

Hier bei uns in der EU haben zwei sehr weitreichende Entscheidungen der vergangenen Woche nachhaltig die wirtschaftlichen Bedingungen geändert. Die erste Entscheidung betrifft die EZB, welche in nicht bezifferter Höhe die Bereitstellung von Euro für die Euro-Staaten garantiert und die zweite betrifft die Freistellung der Staaten der EU vom Verbot des direkten Eingriffs in die nationalen Wirtschaften.

Die Bundesrepublik Deutschland hat angekündigt, in dieser Woche eine dritte Entscheidung mit großer Tragweite nachzuschieben, nämlich die Aufkündigung der „Schwarzen Null“.

Mit diesen neuen finanziellen Freiheiten will nun der Staat allen durch die Corona-Pandemie in Deutschland wirtschaftlich Geschädigten helfen. Es entsteht die Frage, wie soll das am besten gelingen?

Staatliche Hilfen, aber wie?

Die ersten Ideen zu einer Soforthilfe betreffen Anträge bei der Hausbank und der KfW. Dazu gibt es die ersten Erfahrungen, und die sind negativ /1/.

Bei gründlicher Betrachtung der Sachlage hätte man das auch vorher wissen können. Alle Programme der KfW sind (in notwendiger Verbindung mit der Hausbank) Kredite und unterliegen damit den üblichen Kreditanforderungen /2//3/. Daraus ergeben sich mindestens zwei Schlussfolgerungen, nämlich:

1. die langwierige Prüfung der Kreditwürdigkeit, die nicht vorhandene Zeit dauert,

2. die sichere Ablehnung der Hilfe, je kleiner die Firma ist und je größer das Risiko erscheint, dass die Firma sich kurzfristig wieder erholen wird und damit den Kredit zurückzahlen kann.

Die Interessen der Beschäftigten werden berücksichtigt, nämlich durch die „großzügigen“ Kurzarbeiter-Regelungen im Interesse der Betriebe. Alles andere:

Fehlanzeige!

Es scheint sicher, wirtschaftliche Hilfe erhalten die großen Betriebe und die Konzerne. Der kleinere Mittelstand und die Selbständigen werden in der Masse wohl früher oder später Insolvenz anmelden müssen /4/.

Für Berlin bedeutet das, dass von den derzeit existierenden 99.700 Betrieben mit mindestens einem versicherten Angestellten 99,3%, das heißt 99.100 Betriebe mit ca. 930.000 Mitarbeitern diese Insolvenz wohl anmelden müssen /5//6/.

Die Idee zur Zahlung eines bedingungslosen Grundeinkommens für die Dauer von 6 Monaten /7/ hilft nur begrenzt bei den Selbständigen, die nicht sicher sein können, nach der Corona-Krise schnell und sicher wieder Arbeit zu finden.

Für die Mitarbeiter von kleinen und mittleren Betrieben bringt es nichts, denn die Betriebe können ihre Existenz davon nicht sichern und werden demnach als Arbeitgeber und mit ihren Produkten und Dienstleistungen nach der Krise nicht mehr zur Verfügung stehen. Und dann gibt es auch kein Grundeinkommen mehr und für die ehemaligen Mitarbeiter steht der Weg ins Hartz 4 – Paradies offen.

Welche Form der staatlichen Hilfe wäre denn alternativ angebracht?

Ein Schutzschild für Bürger und Wirtschaft

Flassbeck und Steinhardt haben sich zu diesem Thema geäußert und einfache, aber wirksame und weitreichende Vorschläge gemacht /8//9/.

Danach soll die KfW sofort finanziell vom Staat befähigt werden, einen Fonds zu bilden, bei dem jeder Bürger, jeder Selbständige und jede Firma unproblematisch und direkt (ohne Hausbank) Anträge auf Liquiditätsunterstützung mit Bezug auf Auswirkungen der Corona-Krise stellen kann. Unproblematisch bedeutet dabei, dass jeder Kredit ohne Bonitätsprüfung gewährt wird. Die Unternehmen, die Mitarbeiter beschäftigen, sollten sich verpflichten, in den nächsten zwei Jahren keine Entlassungen vorzunehmen.

Die Liquiditätshilfe sollte als Darlehen zunächst ohne Festlegung von Dauer, Zins und Rückzahlung fixiert werden. Im Nachhinein wird dann an Hand der konkreten finanziellen und wirtschaftlichen Bedingungen entschieden, welcher Teil des Darlehens als nicht rückzahlbare finanzielle Rekompensation und welcher Teil als Darlehen zu betrachten ist.

Gleichfalls sollten sofort und rückwirkend zum 01.03.2020 die ALG II – Beträge deutlich auf 1.000 Euro aufgestockt werden bei gleichzeitiger Neuregelung der Anrechnungsgrenzen, um der sich in der Corona-Krise noch verschärfenden Kinderarmut deutlich entgegenzutreten.

Und ergänzend sollte der Staat sofort die Bezahlung der besonders geforderten Branche der Kranken- und Altenpflege um 20 bis 30% in seinem eigenen Gesundheitssektor erhöhen.

Und niemand sollte ob der drastisch erhöhten Geldausgabe Sorgen haben, dass sich unser Staat das nicht leisten kann. Unser Staat hat als wichtigste Aufgabe die Pflege und Entwicklung unserer Ressourcen, der produktiven genauso wie der dienstleistenden. Und das Geld als staatliches Rechtsmittel sollte genau die Entwicklung der Ressourcen ermöglichen und damit die Chance auf Arbeit für alle Menschen in Deutschland. Denn nicht das Geld, sondern das mit allen Ressourcen geschaffene Bruttoinlandsprodukt ist unser wirklicher gesellschaftlicher Reichtum.

Insofern sollen die Sofortmaßnahmen nur sichern, dass wir unsere gegenwärtigen Ressourcen für die Zeit nach der Corona-Krise bewahren und dann in allen Branchen nachhaltig und gemeinwohlorientiert entwickeln können und dabei möglichst alle arbeitsfähigen Mitmenschen einbeziehen.